ehem. Moselbahn

Moselstrecke Koblenz-Trier
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Mercator
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ehem. Moselbahn

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Beitrag im "Trierischen Volksfreund" vom 21.08.2005:

Ein Hauch alter Eisenbahnromantik

ZELL. Mancher Moselaner bekommt heute noch glänzende Augen, wenn er an die Zeit zurückdenkt, als das "Saufbähnchen" den Windungen der Mosel folgte und sie mit der "großen weiten Welt" verband. Im Rahmen eines Festakts am ehemaligen Zeller Bahnhof erinnerte die Stadt am Samstag an die Inbetriebnahme der Moseltalbahn vor genau 100 Jahren.

Von unserem Mitarbeiter
HANS UHRMACHER

Es gibt kaum eine Bahnstrecke in Deutschland, die mit so vielen Geschichten und Historien behaftet ist, wie die Moseltalbahn, die im Volksmund liebevoll "Saufbähnchen" genannt wurde. In den Jahren 1902 bis 1905 wurde die Bahnlinie von Bullay nach Trier mit einem Kostenaufwand von 20 Millionen Reichsmark erbaut. Die Moselkanalisation Anfang der 60er Jahre bedeutet schließlich nach 57-jährigem Betrieb das Ende des Zugverkehrs.
Zells Stadtbürgermeister Jürgen Bamberg ließ in seiner Ansprache die wechselvolle Geschichte der Moseltalbahn Revue passieren. Er machte deutlich, dass es schließlich dem hartnäckigen Bemühen des Zeller Landrats Walter König zu verdanken war, dass die Bahnstrecke entlang des rechten Moselufers gebaut wurde. Bis dahin war der gesamte Mittelmoselraum, mit Ausnahme der Stichstrecken nach Bernkastel und Traben-Trarbach, vom internationalen Schienennetz abgekoppelt. Es existierte lediglich die Eisenbahnlinie Koblenz – Bullay – Trier, die so genannte Kanonenbahn. Trotz eines hohen Beförderungsaufkommens von zwei Millionen Fahrgästen und 150 000 Tonnen Gütern pro Jahr, kam die Moselbahn nie auf einen "grünen Zweig". Neben den hohen Belastungen hatten sich die Herstellungskosten gegenüber den ersten Schätzungen verdreifacht. Für den Hochwasserschutz mussten aufwändige Viadukte, wie das über 100 Meter lange Bogenviadukt in Zell, sowie Stützmauern errichtet werden. Hinzu kamen Ausnahmefälle mit großen Reparaturen auf Grund der alljährlichen Hochwasser.

Obwohl 1960 noch 88 Touropa-Sonderzüge den Moselgemeinden viele Gäste brachten, geriet die Bahn immer tiefer in die roten Zahlen. Schließlich bedeutete die in den Folgejahren vorgenommene Moselkanalisierung das endgültige Aus. Die Stauung des Flusses hätte die Trasse zwischen Bullay und Traben-Trarbach überschwemmt. Auf dieser Strecke wurde am 30. September 1961 der Personenverkehr auf Busbetrieb umgestellt. Ein Jahr später begann der Abbau der Gleisanlagen.

Wenige Relikte erinnern an das "Saufbähnchen"

Durch Straßenverbreiterungen verschwand die ehemalige Bahntrasse nahezu vollständig. Ein Stück Eisenbahnromantik ging für immer verloren. Nur noch wenige Relikte wie die ehemaligen Bahnhöfe von Merl, Zell, Pündrich, Enkirch, Ürzig und Erden erinnern heute noch an den Bahnbetrieb der Moselbahn.

Eine große Fotoausstellung und eine Vielzahl von Bahnutensilien aus jener Zeit waren rund um das Bahnhofsgelände aufgebaut. Aus Anlass des Moselbahn-Jubiläums wurde als weiteres Zeller Zahlungsmittel der "Fünf Zeller Wert-Coupon" in Umlauf gebracht.

Die stets den Zeller Rosenmontagszug anführende KKG-Lok symbolisierte zudem die erste Zugeinfahrt und versprühte ein wenig den Hauch alter Eisenbahnromantik.

Vielen der Besucher, die sich auf dem Bahnhofsgelände bei erfrischenden Getränken und leckeren Speisen verwöhnen ließen, ist das "Saufbähnchen" noch in bester Erinnerung. Marianne Herzogenrath, die über Jahrzehnte die Gaststätte im Bahnhof führte, konnte von so manchen Anekdoten berichten. "Es war an der Tagesordnung, dass das Zugpersonal während des Halts auf die Schnelle ein "Schöppchen" in unserer Gaststätte trank", berichtete sie. Der heute 75-jährige Hans Peter Rieb aus Bullay, der von 1945 bis zur letzten Fahrt im Jahre 1961 auf der Moseltalbahn als Zugbegleiter beschäftigt war, konnte dies nur bestätigen. Er bedauert noch heute das Aus dieser privat betriebenen Bahnstrecke.

Auch Hobbybastler Josef Scheid, dessen Vater als Heizer die Züge befeuerte, gab Amüsantes zum Besten. So soll ein Landwirt aus dem Hunsrück sein Ziegengespann an die geschlossene Bahnschranke in Bullay gebunden haben, während er einem dringenden Bedürfnis nachging. Währenddessen passierte der Zug den Übergang und die Schranke ging mit der angebunden Ziege nach oben.

"Heute wären viele Touristikmanager an der Mittelmosel froh, wenn es das Saufbähnchen noch gäbe", gibt der heutige Besitzer der Bahnhofsgaststätte, Peter Lehmen, zu verstehen. Am 19. August 1905 – also am vergangenen Freitag genau vor 100 Jahren – wurde die Moselbahn im Teilabschnitt Bullay – Bernkastel in Betrieb genommen.
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