Reaktivierung Westtrasse Trier?
Verfasst: Freitag 27. Juni 2008, 12:45
http://www.16vor.de/index.php/2008/06/27/weststrecke/
Der Westen soll wieder zum Zug kommen
Politik, Stadt & Menschen | 27. Juni 2008 | Leserbrief schreiben
\Die Vorstellung des Konzepts “Rheinland-Pfalz-Takt 2015″ hat die Diskussion um eine Reaktivierung der Weststrecke neu entfacht. Doch während der Zweckverband SPNV Nord von der “erklärten Absicht” spricht, ab der Mitte des nächsten Jahrzehnts den Trierer Westen im Stundentakt mit Luxemburg zu verbinden, äußert man sich im Rathaus noch betont zurückhaltend: Vorrang habe der Bau neuer Haltepunkte entlang der Hauptstrecke. Experten sind sich einig: Eine direkte Zugverbindung von Trier nach Luxemburg auf dem linken Moselufer könnte der gesamten Weststadt einen enormen Entwicklungsschub bescheren.
TRIER. Anfang der 1980er Jahre kam das Aus, schien für Triers Westen der Zug endgültig abgefahren. Allenfalls Güterwaggons passieren seither die Gleise, derweil entlang der Strecke die einstigen Bahnsteige und Stationen verfallen. Wer sich von der Römerbrücke der nur zwei Fußminuten entfernten Weststrecke nähert, wähnt sich deshalb in der für stillgelegte Bahnstrecken so typischen Ödnis. Nichts erinnert mehr daran, dass Triers Hauptbahnhof bis 1880 im Westteil der Stadt lag.
Seit fast drei Jahrzehnten konzentriert sich der gesamte Personenverkehr ab der Höhe von Pfalzel auf der Osttrasse, die über Hauptbahnhof und Südstadt führt. Doch nun gibt es ernsthafte Anzeichen dafür, dass auch auf die Gleise links der Mosel wieder Bewegung kommen könnte. Man prüfe eine Reaktivierung der Weststrecke für den Personenverkehr, um so eine zusätzliche Verbindung von Trier nach Luxemburg zu schaffen, verkündete Landesverkehrsminister Hendrik Hering (SPD) in der vergangenen Woche bei der Vorstellung des Konzepts “Rheinland-Pfalz-Takt 2015″ (wir berichteten).
Der Direktor des für den Schienenpersonennahverkehr in der Region Trier zuständigen Zweckverbands SPNV Nord, Dr. Thomas Geyer, geht noch weiter: “Die Nutzung der Weststrecke von Ehrang in Richtung Luxemburg ist Bestandteil der am 18. Juni beschlossenen Konzeption ‚Rheinland-Pfalz-Takt 2015’. Von daher ist es erklärte Absicht des SPNV-Nord, dies auch zu realisieren”. In Abstimmung mit Luxemburg wolle man schon bald über “die Klärung der konkreten Ausgestaltung der Verkehre” sprechen, so Geyer. Zudem werde man mit der Stadt Trier “Festlegung, Planung und Bau der Haltepunkte” abstimmen.
Doch bei der Stadt hält sich die Begeisterung über die Reaktivierungspläne noch spürbar in Grenzen. “Die Realisierung des Regionalbahnkonzepts soll sich nach den Empfehlungen des im Auftrag des SPNV-Nord durchgeführten Gutachtens ‘Weiterentwicklung der Angebotskonzeption des SPNV in der Region Trier’ richten”, erklärte auf Anfrage Pressesprecher Ralf Frühauf, und “aufgrund der Empfehlung des Gutachtens wird die Reaktivierung der Trierer Weststrecke für den Personenverkehr nicht vorrangig behandelt.”
Im Rathaus favorisiert man weiterhin den Bau neuer Haltepunkte auf der Osttrasse und verweist auf einen entsprechenden Ratsbeschluss vom 14. Dezember 2006. Damals räumte die Mehrheit des Stadtrats der Hauptstrecke Priorität ein. Entlang dieser Trasse sind unter anderem neue Haltepunkte in Trier-Nord, am Mäusheckerweg / Hafenstraße, an den Kaiserthermen, in St. Matthias und St. Medard sowie in Kürenz geplant. Eine Reaktivierung der Weststrecke habe man bislang eher “perspektivisch” gesehen, über “Ideenskizzen” seien die Überlegungen noch nicht hinausgekommen, so Frühauf. Eine Wiederbelebung der Trasse sei zudem “nicht zuletzt abhängig von den für die Reaktivierung der bestehenden Haltepunkte beziehungsweise die Schaffung neuer Haltepunkte entstehenden Kosten”, gibt die Verwaltung zu Bedenken. Zu gut ist den Verantwortlichen im Rathaus noch die Kostenexplosion beim Bau des Haltepunkts Ehrang Ort in Erinnerung, welche das gesamte Regionalbahnkonzept in Misskredit zu bringen drohte.
Im Stundentakt von Ehrang über Trier-West nach Luxemburg
\Beim Zweckverband scheinen die Planungen für eine Reaktivierung der Weststrecke unterdessen schon relativ weit gediehen. So ist vorgesehen, bis 2015 einen Stundentakt zwischen Trier und Luxemburg einzuführen, der in den Hauptverkehrszeiten sogar noch verdichtet werden könnte. “Wir gehen derzeit von vier Halten zwischen Ehrang und Wasserbillig aus”, berichtete Geyer jetzt gegenüber 16vor. Eine endgültige Entscheidung hierüber stehe aber noch aus. Als relativ sicher gilt, dass der ehemalige Westbahnhof – wenn auch nur als Haltepunkt – wieder in Betrieb gehen soll. Haltepunkte in Biewer, Euren und Zewen wären ebenfalls nahe liegend. Unter die Kategorie “wünschenswert” dürften Haltepunkte im Umfeld des Messeparks sowie in der Nähe der Kaiser-Wilhelm-Brücke in Pallien fallen.
Beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) freut man sich über die neuerlichen Diskussionen. Für Raimund Scholzen böte eine Reaktivierung der Trasse enorme Chancen für den bislang eher vernachlässigten Stadtteil Trier-West. Dieser könne sich durch eine verbesserte Anbindung an das Großherzogtum gerade für Luxemburg-Pendler zu einem interessanten Wohnstandort mausern, hofft Scholzen und bringt einmal mehr Fußgänger- und Fahrradstege über die Mosel ins Gespräch. Über diese könnten dann auch viele Bahnreisende rechts des Flusses zu den neuen Haltepunkten gelangen. Auf diese Weise würde der Westen der Stadt Bewohner des Zentrums anziehen. Auch aus Sicht der Autoren des Masterplans Trier inWESTiert könnte eine Wiederbelebung der Weststrecke dem linken Moselufer einen spürbaren Entwicklungsschub bescheren.
Tatsächlich birgt das Vorhaben Chancen, die weit über die Stadgrenzen hinausreichen. Denn mit dem beschlossenen zweigleisigen Ausbau des Streckenabschnitts Igel-Wasserbillig zeichnet sich auch eine Beschleunigung der Bahnverbindung nach Luxemburg ab. Und in der Hauptstadt des Großherzogtums wird sich in punkto Schienenverkehr in den nächsten sieben Jahren einiges tun. So wird das neue Terminal des Flughafens Findel ebenso ans Bahnnetz angeschlossen wie der Kirchberg, auf dem ein neuer Peripheriebahnhof geplant ist. Außerdem hat Triers Schwesterstadt die Renaissance der Tram beschlossen – ab 2015 soll die Straßenbahn Luxemburgs Hauptbahnhof mit dem Kirchberg verbinden. Vor allem für Grenzgänger dürfte der Schienenweg zur Arbeit dann um einiges attraktiver sein als heute.
von Marcus Stölb