Bitburger und die Bahn

Nims-/Sauertalbahn (Erdorf - Bitburg [- Igel])
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AGEG
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Bitburger und die Bahn

Beitrag von AGEG »

Salve!

Seit längerer Zeit läuft schon kein Güterverkehr mehr von und nach Bitburg. Ein Unding, wenn man bedenkt, dass hier eine der größten Brauereien Deutschlands ihren Sitz hat - wohlgemerkt mit Gleisanschluss.

Bis vor ein paar Jahren wurden wenigstens noch Rohstoffe angeliefert und z. B. in den 90er Jahren, ich glaube 1996, wurde eine damals vielversprechende Verbindung zu einem Logistikdepot nach Oldenburg aufgebaut: Das Produkt wurde per Schiebewandwagen nach Norddeutschland verbracht.

In letzter Zeit läuft wie beschrieben nichts mehr per Schiene, weder Versand, noch Empfang von Gütern. Lieber setzt man auf die LKW, die ohnehin B51 & Co. nur so zupflastern. Passt das zu einem scheinbar regional verwurzelten und umweltbewussten Unternehmen?? Sicherlich nicht.

Je weiter man zurückgeht in der Zeit, desto fassettenreicher waren die Wagen und ihre Fracht, die von und zum Simonbräu transportiert wurden.

Hier z. B. ein schönes Exemplar eines Bit-Bierwagens:

http://www.spurn-bierwagen.de/forum/Ori ... e-0131.htm

Die meisten Bit-Bierwagen-Modelle in HO und N haben mit dem großen Vorbild nicht viel zu tun, es sind ganz überwiegend reine Werbemodelle ohne jeden authentischen Bezug.

Vielleicht hat ja jemand noch ein paar Hinweise hier zum Thema BAHN & BITBURGER?

Wäre schön ...

Und jetzt: Erstmal ein frisches ... BIT 8)

Schönes Wochenende
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Heiner Schwarz
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Bier und Eisenbahn …

Beitrag von Heiner Schwarz »

… fing wohl schon morgen vor 174 Jahre an, eine Symbiose zu leben:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lederer_Br%C3%A4u

in dem das Produkt der Brauerei Lederer als erstes Frachtgut auf die Reise von Nürnberg nach Fürth geschickt wurde.

Die Symbiose von Bier und Eisenbahner verschweige ich, nachdem mein Betriebslehrer zu Hasperde die gesellige Runde bei Bier (!!!) und totem Schwein fluchtartig verlassen hat, nachdem die Frage gestellt wurde, was denn ein Bauer machen würde, dessen Kälbchen nicht saufen täte …

Kommen wir auf dieses Forum zurück und suchen, wo es sich mit dem Bier, seinen Ausgangsstoffen und dem Transport dieser, der Fertigprodukte und des Leergutes beschäftigt:
http://www.eifelbahnforum.de/forum/view ... =11&t=3029
Dort
http://www.eifelbahnforum.de/forum/view ... f=4&t=1875
führt Gerhard aus
Ein paar Fakten zum LKW-Verkehr:
„Etwa die Hälfte aller LKW fährt leer. Rückfracht zu suchen lohnt sich bei den derzeitigen Kosten nicht.
Etwa die Hälfte der beförderten Tonnage ist Wasser (in Form von Mineralwasser, Limonaden, aus Konzentrat rückverdünnten Säften).
Ein großer Anteil des LKW-Verkehrs hat seine einzige Ursache in zu niedrigen Kilometerkosten - z.B. Kartoffeln aus Holland zum Waschen und Verpacken nach Italien und von dort zu deutschen Supermärkten, oder die zentralisierte Lagerhaltung und Verteilstruktur der Supermärkte.
Jeder einzelne kann etwas gegen diese Verhältnisse tun. In London ist Leitungswasser salonfähig geworden - viele Restaurants servieren es in Designer-Karaffen oder Flaschen. Gemüse- und Obstkisten von regionalen Biobauern kann man vielerorts bestellen - auch wenn die Eifel da wohl zehn oder zwanzig Jahre hinter Bayern und dem Schwarzwald hinterher hinkt. Und warum nicht mal mit dem Management einer Ladenkette einen Dialog über Transport oder andere Umweltthemen anfangen? Die müssen zumindest merken, daß man ihnen auf die Finger schaut!
Gerhard Bissels, London“
und dies trifft auch für Bitburger zu.

Aber vielleicht mal eine andere Annäherungsweise. Als Heiner ein kleiner Junge war und 1966 die Sommerferien anstanden, fuhr man nach Lutzerath bei Cochem. Jetzt will ich weniger die Anreise mit ‚ner Fuffi nach Cochem und die Postbusfahrt durch die regenwolkenverhangenen Berge und die Planung der Ausflüge nach dem Postbusfahrplan (di/do) beschreiben, sondern die Überraschung, dass es 1966 in der Eifel Bier aus der engsten Heimat gab (aber nicht für Heiner !!!). Das Gasthaus hatte eine Bleiverglasung „Höhenhaus Pils“ und dessen Reklame war präsent: „Willst Du morgens frisch hinaus, trinke abends Höhenhaus“http://www.koelner-brauerei-verband.de/ ... C3%B6lsch.
Will heißen, zu diesem Zeitpunkt wurde auch schon Bier durch die Gegend gefahren, nur in die umgekehrte Richtung und der Theo begann erst, der zu werden, der er heute ist.
Seit den sechziger Jahren wurden viele, viele handwerkliche Brauereien zugemacht, die vor Ort Bier brauten und mit kürzesten Transportwegen bei ihren Kunden waren. Folglich saufen wir uns die Staus herbei, wenn wir bei den „Großen“ Bier kaufen.
Dass der Großen Bier Industriebier ist, wo Chargen verschnitten werden, damit sie gleich schmecken, ist die Folge daraus. Dass die Großen Bier brauen, zu dem sie sich das Reinheitsgebot passend verbogen haben und solche „Naturprodukte“ wie Hopfenextrakt da herein rühren, spricht auch nicht unbedingt für diese Pulverbrauer …
So bleibe ich in Köln bei http://www.paeffgen-koelsch.de/ und http://www.hellers-brauerei.de/ und weiß, dass für Fahrten zwischen der Braustätte und des hausfernen Orten des Alkoholgenusses in der Siegesstraße zu Köln-Deutz oder Unter Kahlenhausen im Schatten des Domes ebenso wenig MegaLiner zum Einsatz kommen wie beim ersten Teil der Transportkette zu solchen Stellen, die den früher üblichen „Bierverlag“ ersetzen. Als zweiter Teil der Transportkette kommt dann der Rucksack oder bei größeren logistischen Anforderungen der hauseigene Porsche in Form des Hackenporsches zum Einsatz.

Und als beim Päffgen, ich glaube es war vor zwei Jahren, Malz aus einer in Folge der Hitze eiweißärmeren Gerste verbraut wurde das Bier anders war, dann bin ich ihm noch nicht einmal böse dafür …

Wo gibt es in der Eifel noch kleinere, handwerkliche Brauereien??? Die Gemünder kenne ich.
Diese zu stützen, heißt Verkehr zu vermeiden.

Genausowenig brauche ich an allen Orten dieser Welt Bitburger. Was hat die Bedienung Anfang der Neunziger in Gnesen zuerst ungläubig und dann stolz aus dem schwarzen Anzug geschaut, als wir das angebotene Bitburger ablehnten und sagten, dass sich das polnische Bier dahinter keinesfalls verstecken müsste …

Bitburger ist ein Industriebetrieb. Gerolsteiner ebenso. Und wenn diese Betriebe auf Dauer da weiter produzieren wollen, wo sie heute produzieren, dann müssen sie sich Gedanken machen, wie sie dies bei den Anforderungen der Zukunft können werden. Hier ist die Energieverknappung, die zu einer Verteuerung führt ebenso zu nennen wie die Bevölkerungsentwicklung. Wir können künftig nicht mehr für immer wiederkehrende Transporte menschliche Arbeitskraft binden, da viele Menschen hier zu alt sind, um zu arbeiten und auch die rumänischen Arbeitslosenheere irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen – dann hat der Willi Betz ein größeres Problem …

Wer heute nur gebetsmühlenhaft „Lückenschluss A 1 – Lückenschluss A 1“ vor sich herbeten, der will die Probleme von morgen mit den Ansätzen von gestern lösen.

Man sollte erwarten, dass die Politik hier aktiv wird.

Aber noch mehr erwarte ich, dass die Unternehmer ihrem Namen entsprechend was unternehmen.

Dass sie sich Gedanken machen, wie die Industriebetriebe der Eifel in der Nachölzeit mit ihren Kunden verbunden bleiben. Aber anstatt dafür Geld auszugeben, sponsert der Theo lieber den DFB …

Zum Wohle

2. Runde
http://www.drehscheibe-foren.de/foren/r ... sg-4897021

3. Runde
http://www.drehscheibe-foren.de/foren/r ... ?4,4899454
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SST
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Re: Bier und Eisenbahn …

Beitrag von SST »

Heiner Schwarz hat geschrieben:
Aber noch mehr erwarte ich, dass die Unternehmer ihrem Namen entsprechend was unternehmen.

Dass sie sich Gedanken machen, wie die Industriebetriebe der Eifel in der Nachölzeit mit ihren Kunden verbunden bleiben. Aber anstatt dafür Geld auszugeben, sponsert der Theo lieber den DFB …
Ein natürlich wie immer sehr spannender und lesenswerter Beitrag! :).

Der "Schuß gegen das Unternehmertum" geht aus meiner Sicht dann allerdings doch "knapp am Tor" vorbei. Wenn "die Politik" den Straßenverkehr, die Automobilbauer etc. fördert (ja, richtig, natürlich auf Grund der Arbeitsplätze dort) und andererseits den Eisenbahnverkehr "Börsen-tauglich" machen möchte, dann kann der "einzelne" Unternehmer da auch nicht sehr viel dagegen steuern.

"Fritz Möchteweltmeistersein" wird natürlich sein Bier eher von dem Brauer trinken, der mit dem DFB zusammenarbeitet als mit einem Brauer, dessen Bier das "Gütesiegel: mit der Eisenbahn transportiert" trägt und dann vielleicht gar noch 5ct teuer wäre........
AGEG
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Re: Bitburger und die Bahn

Beitrag von AGEG »

Danke für die spannenden Zeilen. In Bayern und Köln gibt's ja zum Glück noch ein paar (Kölsch-)Brauereien und selbst in der tiefen Provinz ist seit ein paar Jahren die Entwicklung festzustellen, dass man zum guten alten Brauhandwerk im originären Sinne zurückfindet:

http://www.brauhaus-zils.de

http://www.blesius-garten.de/brauerei.php

http://www.hochwaelder-brauhaus.de

http://www.mannebacher.de

fallen mir da zur Zeit spontan ein im Umfeld von Trier ...

Das Augenmerk soll aber, mit Verlaub, bei diesem Thema eher zurückblickender Natur sein. Nämlich als in der "guten alten Zeit" Bit noch per Bahn unterwegs war. Vielleicht hat noch jemand eine Anekdote von früher oder einen Bierwagen geknipst oder oder oder ...

Schönen Sonntag
Gerhard
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Re: Bitburger und die Bahn

Beitrag von Gerhard »

Man braucht gerade mal vierzig Jahre zurückzugehen, um sich eine Vorstellung zu machen, wie ungeheuerlich, aber großteils auch unnötig der Transportsektor in diesem kurzen Zeitraum gewachsen ist. Damals trank man in Trier Caspary (aus Heiligkreuz) oder Löwenbräu (aus dem Gartenfeld). Sprudel und Limonaden kamen vom Römersprudel in Feyen, Apfelsaft von Frieden an der Mosel - alles natürlich in Mehrwegflaschen. Milch und Molkereiprodukte vom Trierer Milchhof gab es z.T. lose (ich erinnere mich noch an die Henkelkannen für die "eiserne Kuh"). Und an Markttagen - Dienstag und Donnerstag, wenn ich mich recht entsinne - war der ganze Viehmarkt voll mit den Ständen der Bauern aus Eifel und Hunsrück, mit Kartoffeln, Obst und Gemüse. Den Wintervorrat an Kartoffeln und Äpfeln bekam man immer vom selben Bauern, der das dann auch mit Traktor und Anhänger vorbeibrachte. Damit kam der nach dem Volumen größte Teil aller Konsumgüter aus der Region, und zwar über so kurze Entfernungen, daß sich die Frage nach Bahn- oder Landstraßentransport gar nicht erst stellte.

Ich glaube nicht, daß wir wirklich Lebensqualität gewonnen haben, wenn Römersprudel nicht mehr existiert und im Supermarkt Wässer aus allen Teilen Europas nebeneinanderstehen (hier in London war Wasser von den Fiji-Inseln letztes Jahr in Mode, dieses Jahr ist es Wasser aus Norwegen). Und bei Dosenobst oder Fertiggerichten aus Asien sollte man sich nicht nur wegen des Transports, sondern auch wegen der dort eingesetzten Pestizide oder der Tierhaltungsbedingungen Gedanken machen. Und schmeckt Schwein aus holländischer Massentierhaltung wirklich so viel besser, wenn es zum Schlachten nach Italien gekarrt wurde und dort zum "Parmaschinken" avancierte?

Man kann auch nicht die Schuld für unseren wenig nachhaltigen Konsum allein Aldi, Lidl & Konsorten anlasten. Stattdessen ist vielleicht doch eine neue Bescheidenheit gefragt. Müssen wir all diese Sachen haben, immer mehr, immer billiger, ohne Rücksicht auf den Preis, den andere dafür zahlen? Habe ich wirklich ein Recht darauf, daß Fertiggerichte oder Mobiltelephone immer weniger kosten? Haben nicht auch die Erzeuger ein Recht auf erträgliche Arbeitsbedingungen? Wie sieht es mit den Rechten der Kinder aus, die durch Pestizide oder Autoabgase Allergien, Asthma oder Ekzem entwickelt haben? Und ist es in Ordnung, daß ganze Straßenzüge durch endlose LKW-Kolonnen unbewohnbar werden?

Je mehr man sich über die Auswirkungen seines Einkaufs Gedanken macht, desto mehr wird man lokal oder regional einkaufen, vielleicht ein bißchen etwas selbst im Garten anbauen, Leitungswasser mit einem Sprudler in "Rülpswasser" umwandeln und so fort. Die Produkte von Bitburger oder Gerolsteiner sind nachhaltig, solange sie regional vermarktet werden - tausend Kilometer vom Abfüllort entfernt genossen, sind sie schlicht und einfach eine Umweltsauerei. Aber ich bin mir sicher, daß die Eifel mehr als Bier und Wasser produzieren kann...

Gruß

Gerhard
AGEG
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Re: Bitburger und die Bahn

Beitrag von AGEG »

Wahre Worte!

... übrigens gibt's in 2 Tagen ein neues Bier aus der Umgebung:

http://www.forellenhof-bescheid.de
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Heiner Schwarz
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Es gibt Unternehmungen und Unterlassungen

Beitrag von Heiner Schwarz »

... und von einem Unternehmen aus Westfalen weiß der Lokreport zu berichten:

http://www.lok-report.de/

Von der in Bitburg ansässigen gleichnamigen ... lesen wir wohl nichts.

Wobei, egal ob Bahn oder Straße, dass allerbeste Bier kommt immer noch von fast nebenan ...

Ansonsten berichtet der LR von Heiners anderem Hobbyteil - aber, das ist ne ganz andere Maus und selbstverständlich rein zufällig
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